Wissenswertes aus dem sonnigen Gereonsweiler
Im keltisch-germanischen Berührungsgebiet, zwischen Maas und Rhein gelegen, ist das Dorf Gereonsweiler aus einer Waldsiedlung auf der westlichen Rurterrasse entstanden. Bereits vor Christi Geburt bestand in der waldreichen Gegend eine Wohnstätte keltisch-germanischer Mischbevölkerung.
Während der Kämpfe der Römer, Julius Cäsars und seiner Nachfolger, um das linksrheinische Gebiet wurde diese älteste bekanntgewordene Siedlung zerstört, ihre Bewohner umgesiedelt. In der Nähe der niedergebrannten Siedlungen errichteten römische Kaufleute und Siedler, welche den Soldaten folgten, ihre Wohnstätten, wie Funde von Töpfen und Ziegeln in der hiesigen Flur „Am Steinacker“ und „Auf der Kohlbahn“ bekunden. Aus Richtung Juliacum (Jülich) führte hier eine Römerstraße vorbei, in deren Nähe ein Matronenstein aus einem Landhaus römischer Herkunft (villa, villare = willer?) aufgefunden wurde, welcher in der Mensa des Hochaltares der 1886 abgebrochenen, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Pfarrkirche Aufnahme fand. Dieser Matronenstein befindet sich heute im Provinzialmuseum in Bonn.
Um die Karolingerzeit hieß der Ort Will oder Weil, später Wyl und Wyler Gereonis. Im Volksmunde sagt man heute noch „Willer“ (Weiler).
Nach einer Quelle hat ein gewisser Benelin hier 1029 ein königliches Gut als Lehen. Den Curtis (Hof) Will trat nach seinem Ableben Kaiser Konrad II. an die Abtei Burtscheid bei Aachen ab. 1140 gab die Abtei den Gutshof an den damaligen Kaiser Konrad III. wieder zurück. Dieser vergab Curtis Wyl an das Kölner Stift St. Gereon. Seitdem wurde unser Wyl zum Wyler Gereonis, um es von anderen „Wylern“ in der näheren oder weiteren Umgebung zu unterscheiden. (z.B. Apweiler, Oidtweiler, Eschweiler, Arnoldsweiler pp) Das Kölner Stift hatte hier auch den Zehnten und das Patronatsrecht der Kirche. Im 13. Jahrhundert wurde Gereonsweiler bereits als Pfarre mit seiner Vikarie genannt. Im 16. Jahrhundert wurde Gereonsweiler als solche im Jülich´ schen Amte Aldenhoven aufgeführt.
Eine andere Quelle gibt folgendes an: Ein Pfalzgut Heinrich (evtl. Hermann), um 966 von Kaiser Otto I. in Aachen eingesetzt, schwenkte die Kirche und den Hof zu Will dem Stifte St. Gereon zu Köln. Nach dem Handbuche der Erzdiözese Köln vergab ein gewisser Ravenger 1067 Gereonsweiler an das St.- Gereons- Stift in Köln. Papst Honorius III. bestätigte 1222 dem Stifte diese Besitzungen. Auch aus den Jahren 1283 und 1315 wird über das Patronatsrecht in Urkunde geschrieben. Kaiser Heinrich II. bestätigte 1324 die Incorporation von Gereonsweiler unter dem Pfarrer Egidius.
Der Zehnthof in Wyl (heute Hof Thyssen- Roeben) nahm im Orte unter anderen Höfen eine besondere Stellung ein. Hier wurde Gericht gehalten. Hier stand der Pranger oder Schandpfahl, war das Verließ. Von dort aus fuhr der Henker mit dem Armsünderkarren zum Galgenhügel auf Apweiler zu. In der Umgebung des Galgens spukte es. Dort tanzten nachts die „Wehl Juffere“; sie drehten späten Wanderern den Kopf ab und trugen ihn unter dem Arm davon. So berichtet die Sage über die „wehl Juffere“ und die „Juffere- Gasse“ am Höfchen bei Schmitz- Sommer. Auch die „Fuermänner“ trieben im „Mahrende“ ihr Unwesen. Es war eben nicht ganz geheuer an diesen Stellen. Aus dem „Döppesende“ kamen die Döppeschörger (Topfhändler) vom Selfkant her mit ihren Handkarren, und über die „Kölnstraße“ fuhren die Bauern in die näheren und weiteren Städte, wie Linnich, Jülich, Erkelenz, Geilenkirchen, ja bis Köln. Früher waren viele Hohlwege „Grachten“ genannt, die aus dem großen „Willer Busch“ und dem „Buntebusch“ und dem „Haaswiller Busch“ ins Dorf führten. Daher haben wir heute noch im Ort die „Fuchsgracht“, die „Belle- Gracht“, die „Linnicher Gracht“ und die „Kromm- Gracht“.
Die zahlreichen Fehden und Kriegswirren sind an unserem Orte auch nicht spurlos vorübergegangen, so der Spanische Erbfolgekrieg (1568- 1589). Spanisches Kriegsvolk und andere feindliche Speerreiter richteten in Wyler Schäden von 2250 Talern an.
Bei der Gelderner Fehde tobte 1444 in unserer Gemarkung zwischen Linnich- Brachelen- Gereonsweiler die bekannte „Hubertusschlacht“. Daran erinnern heute noch das Hubertuskreuz zwischen Linnich- Lindern und die Grabplatte eines in der Schlacht gefallenen Grafen der Gelderner in der Pfarrkirche zu Linnich. Auch die Sage vom Schneider Trumpgen weist darauf hin. (Trumpgen- Gasse in Linnich)
Im 30jährigen Kriege (1618-1648) wurde Gereonsweiler schwer heimgesucht und arg gebrandschatzt. Der berühmte Reitergeneral John von Werth soll ja hier aus dem benachbarten Puffendorf stammen. Die Pest hauste in Gereonsweiler damals sehr. Nicht weniger als 118 Pestopfer zählte man alleine im Jahre 1624.
Die Raubkriege der Franzosen brachten erneut Unheil über das Dorf. Ein französischer General stahl auf dem Platzbeckerschen Hof (Besitzer Schunck- Frangen) alle Pferde und verschleppte sie nach
dem Schlosse Rymburg bei Palenberg. Eine Beschwerde beim Jülicher Herzog verlief im Sande. 1794 beschossen die Truppen der französischen Revolution vom Höfchen aus die österreichischen Soldaten
in Richtung Linnich und trafen das Sybensche Haus, von dem aus ein unterirdischer Gang zum Höfchen und ins Welzer Feld führte. Die beiden Schlachten bei Aldenhoven (1793 und 1794) brachten unsere
Gegend in große Bedrängnis. Brände und Kontributionen der Revolutionsheere hielten die Einwohner in Angst und Schrecken. Dabei sollten sie mit Freuden um die Freiheitsbäume tanzen. Die
Franzosenherrschaft blieb hier rund 20 Jahre (1792-1814). Sie zeitigte teilweise manches Gute. Doch folgte bald die Ernüchterung. Statt der Liberté, Egalité und Fraternité ließen die
französischen Sansculotten („ohne Hosen“) faule Assignaten (Papiergeld ohne Deckung), die französische Krankheit, Gottlosigkeit und die Säkularisation (Einziehung kirchlichen Besitzes) im neuen
Reperdepartement zurück. Wir gehörten zum Departement de la Roer, das 42 Kantone mit der Hauptstadt Aachen umfasste. Gereonsweiler lag im Kanton Linnich, der 16913 Einwohner hatte. Seit Kaiser
Napoleon I. hier regierte, war der „Code Civil“ die Richtschnur der Rechtssprechung. Als Napoleon in den Freiheitskriegen 1811- 1815 geschlagen und nach der Insel Elba und danach nach St. Helena
im Atlantik verbannt worden war, kamen wir auf dem „Wiener Kongress“ an das Königreich Preußen. Wir gehörten nun der neu gebildeten Rheinprovinz an, und zwar dem Regierungsbezirk Aachenund
innerhalb desselben zum Kreise Jülich.
Gereonsweiler gehörte zur Bürgermeisterei Ederen.
Die Jahrzehnte des preußischen Königreiches, die Revolution von 1848, die drei Kriege 1864, 1866, 1870/71, das hohenzollernsche Kaiserreich, dere erste Weltkrieg 1914 – 1918, die Hindenburg-Republik und das Hitler-Deutschland ließen Gereonsweiler in seiner Struktur und Einwohnerzahl fast unverändert.
Im zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 war Gereonsweiler mit seiner Nachtjäger-Leitstation „Gemse“ ein Eckpfeiler des Westwalls. Während der letzten Verzweiflungskämpfe um den Rurübergang im Winter 1944/45 lag der Ort mitten im furchtbaren Kriegsgeschehen. Die Einwohner wurden im Herbst 1944 evakuiert, der ländliche Teil der Bevölkerung in Gegend von Titz – Grevenbroich- Bedburg und Bergheim und die Nicht-Landwirte in den Raum Halle-Eisleben-Wimmelburg. Das Dorf wurde zu 90 % zerstört. Die ab Mai 1945 in kleinen Gruppen heimkehrende Bevölkerung fand ein Bild der Verwüstung vor, einen einzigen Trümmerhaufen, inmitten zerstörter Bunker, langer Schützengräben und ausgedehnter Minenfelder.
Der Chronist stellte 14 Jahre später fest, dass Gereonsweiler in seinen alten Straßenzügen neu erstanden ist. In der Reihenfolge Christinenstift, Schule, Kirche erhoben sich nach zäher Arbeit der Dorfbewohner unter finanzieller Beteiligung der zuständigen Behörden die wichtigsten Gebäude des Ortes bald neu aus Schutt und Trümmern.
Das im Jahre 1936 aus den Gemeinden Ederen, Gereonsweiler, Rurdorf und Welz gebildete Amt Linnich-Land wurde nach 1945 dem Amt Linnich zugeordnet. Im Jahre 1969 wurde das Amt Linnich aufgelöst. Seitdem ist Gereonsweiler Ortschaft der neuen Stadt Linnich.
Im Jahre 1983 wurde in den Feldern zwischen Gereonsweiler und Beeck dieser römische Sarkophag aus weißem Muschelkalkstein entdeckt. Die Oberseite des Deckels ist durch Pflugscharen beschädigt. Aus welcher Zeit dieser Sarkophag stammt, lässt sich wegen fehlender Beifunde nicht genau ermitteln. Der Steinsarg ist durch ein Loch im Deckel vermutlich beraubt worden.
Der Sarkophag ist auf dem Grundstück der Bürgerhalle ausgestellt.